HKS gedenkt den Opfern der Frankfurter Adlerwerke im Nationalsozialismus

23. März 1945: Die Adlerwerke im Frankfurter Gallus stehen still. Der Krieg ist kurz vor dem Ende und eine Befreiung Frankfurts durch die US-Armee ist nah. 350 Zwangsarbeiter, die letzten in den Adlerwerken, werden auf einen Todesmarsch nach Norden geschickt. Das Ziel: Konzentrationslager (KZ) Buchenwald bei Weimar. 280 kommen dort an. Von Buchenwald werden sie wieder zurück in den Süden getrieben, wo etwa noch 40 Gefangene das KZ Dachau bei München erreichen. 310 Häftlinge sterben geschwächt durch Unterernährung, Kälte und Krankheiten. Meistens wird ihrem Leben jedoch mit einer Kugel das Ende bereitet. Dies ist nur die „Spitze des Eisbergs“ der Geschichte des „KZs Katzbach“, dem Konzentrationslager der Adlerwerke in Frankfurt.

Heinrich Kleyer, der Namensgeber unserer Schule, gründete die Adlerwerke 1889 im Gallusviertel und ließ dort überwiegend Fahrräder und Schreibmaschinen produzieren. Nach seinem Tod 1932 und der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten 1933 wurden die Adlerwerke im Laufe der Jahre auf kriegswirtschaftliche Produkte, wie z.B. gepanzerte Fahrzeuge. ausgerichtet. Da die ehemaligen Arbeiter während des Krieges als Soldaten an der Front kämpfen, mussten Zwangsarbeiter aus anderen Ländern zur Produktion für den Krieg beschäftigt werden. Am 22. März 1944 wurde deshalb eine Außenstelle des KZs Natzweiler (Elsass, Frankreich) für die Adlerwerke eingerichtet – Deckname „Katzbach“. Der Großteil der Zwangarbeiter stammte aus Polen. Die Lebensbedingungen waren menschenunwürdig. Das Konzept der Lagerführung hieß „Vernichtung durch Arbeit“: „Zum Schluss sind in Frankfurt monatlich 100 Häftlinge vor Erschöpfung gestorben, also jeder zehnte. Deswegen ist das Kontingent dauernd ergänzt worden. Es fanden auch Exekutionen statt. Wie alle anderen musste ich dabei zuschauen. So habe ich gesehen, wie sie meine Freunde aus Warschau-Powisle gehängt haben.“ (Wladyslaw Jarocki, Überlebender des KZs Katzbach in einem Interview 2004). Insgesamt wurden 1616 Menschen Opfer der Zwangsarbeit in den Adlerwerken.

Am 19. März 2022, zeitnah zur Eröffnung der Gedenkstätte „Katzbach“, trafen sich 1616 Menschen zu einer ungewöhnlichen Gedenkveranstaltung, unter anderem auch eine Gruppe aus Schülern, Lehrern und Eltern der Heinrich-Kleyer-Schule. Entlang des Frankfurter Mainufers bildeten wir eine Menschenkette – ein Mensch stellvertretend für jedes Opfer. Im Namen unserer Schule sehen wir uns in historischer Verantwortung an die Opfer zu gedenken und auf dieses dunkle Kapitel der Stadtgeschichte aufmerksam zu machen. Für unsere multikulturelle Schulgemeinde, die exemplarisch für die Stadt Frankfurt steht, soll das eine Mahnung sein, denn Rassismus tötet.

— Philipp Müller