Aktiv gegen das Vergessen – HKS wird Stolpersteinpatin

Am 19. Juni 2024 besuchten die Geschichtskurse der 12BG die Stolpersteinverlegung der Familie Lindheimer in der nicht weit entfernten Wolfsgangstraße im Frankfurter Nordend.

Die Schülerin Anastasia beim Vortragen der Lindheimer-Biographie neben dem Vorsitzenden der Initiative Stolpersteine Frankfurt Martin Dill und Anneliese Himmelstein (geb. Lindheimer)

Verlegt wurden insgesamt acht Stolpersteine, die je für ein individuelles Verfolgungsschicksal während der Zeit des Nationalsozialismus stehen: Drei Familienmitgliedern gelang die rechtzeitige Flucht. Anneliese Lindheimer, die als 14-jähriges Mädchen mit einem der letzten Kindertransporte im August 1939 nach London flüchten konnte, kam ebenfalls zur Stolpersteinverlegung für sich selbst – eine große Seltenheit, dass Stolpersteine für Personen verlegt werden, die noch am Leben sind. Bereits 98 Jahre alt, aber immer noch fit auf den Beinen, machte sie sich auf die Reise von New York nach Frankfurt, um an der Verlegung für sich und ihre Familie teilzunehmen. Andere Familienmitglieder hatten damals weniger Glück. Sie wurden ins Ghetto Łódź deportiert, wo sich ihre Spur leider verliert. Die von den Nazis errichteten Ghettos waren Vorsammelstellen von jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, von wo aus sie weiter in eines der Vernichtungslager gebracht wurden, um dort ermordet zu werden. Leider wird das auch ihr Schicksal gewesen sein. Die gesamte Biographie der Lindheimers findet sich hier.

Die Familie Lindheimer war eine deutsch-jüdische Familie aus Frankfurt – aus keinem anderen Grund wurde sie verfolgt und teilweise in den Tod getrieben. An den individuellen Schicksalen lernen die Schülerinnen und Schüler des 12BG mehr als nur Prüfungswissen über Nationalsozialismus – sie lernen mehr als Daten und Fakten zu den Verbrechen der Nazis, denn sie haben jetzt Anneliese Lindheimer kennengelernt, die selbst Opfer dieser Verfolgung geworden ist. Es gibt ein Gesicht, einen Namen, eine Familie, dadurch wird das Un(be)greifbare greifbarer und der Gedanke bewusster, warum dieses Thema Raum im Unterricht bekommt – NIE WIEDER!

In Zeiten, in denen rassistisches und antisemitisches Gedankengut wieder Aufwind bekommen, steht die Schulgemeinschaft der Heinrich-Kleyer-Schule ein für eine weltoffene, tolerante und multikulturelle Gemeinschaft, die demokratische und humanitäre Werte teilt. Für Hass und Ausgrenzung gibt es keinen Platz an der Heinrich-Kleyer-Schule. Deshalb hat die Jahrgangsstufe 12BG eine Patenschaft für den Stolperstein von Ludwig Lindheimer übernommen und sich an der Zeremonie beteiligt: Anastasia, Rames, Leon und Yannick trugen bei der Verlegung die Biographie vor und der gesamte Jahrgang legte am Ende Blumen als Andenken an die Opfer nieder. Leon, Schüler der 12BG und auch stellvertretender Schulsprecher sagt dazu: „Es ist erschreckend zu sehen, wie sehr die Verbrechen der Nationalsozialisten dort zu spüren sind, wo man sich tagtäglich aufhält. Kein Buch kann das verursachte Leid für uns so greifbar machen, wie das persönliche Kennenlernen eines Menschen, der das erlebt hat. Deshalb fanden wir es als Klasse auch umso wichtiger, eine Patenschaft für einen Stolperstein zu übernehmen, damit die Erinnerung an die Opfer nicht in Vergessenheit gerät.“

Autor: Philipp Müller